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Rückblick ICOM Palmyra-Gespräche: Die Wiedergeburt Palmyras?
3D-Rekonstruktionen versprechen exakte Nachbildungen der antiken Bauten – doch können und sollen sie ersetzen was unwiederbringlich verloren ist?
mit:
Prof. Dr. Markus Hilgert, Direktor Vorderasiatisches Museum, Staatliche Museen zu Berlin
Dr. Franziska Bloch, Syrian Heritage Archive, Deutsches Archäologisches Institut
Prof. Dr. Mamoun Fansa, Workinggroup Rebuilding Aleppo
Nachdem die syrische Armee die Oasenstadt Palmyra vom IS zurückerobert hat, beraten Experten/innen aus aller Welt über die nächsten Schritte zum Schutz des UNESCO Weltkulturerbes. Mit Hilfe von 3D-Rekonstruktionen könnten die antiken Bauten wieder aufgebaut werden. Doch können und sollen sie ersetzen was unwiederbringlich verloren ist? Müssen jetzt nicht erst alle Schäden archäologisch erfasst werden und könnte das nicht auch zu ganz neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen führen?
Unterdessen sind die Wunden der Zerstörung und die Gräuel die vom IS an der Zivilbevölkerung verübt wurden noch deutlich präsent: erst kürzlich wurde ein Massengrab Ermordeter entdeckt. Während russische Sprengstoff-Spezialisten nun mühevoll tausende Minen unschädlich machen, dienen die Ruinen bereits wieder der Propaganda: Kurz nach der Rückeroberung der Stadt durch die Truppen des Assad-Regimes fand im antiken Amphitheater in dem am 4. Juli 2015 fünfundzwanzig kniende syrische Soldaten von IS-Terroristen erschossen wurden, ein Konzert des St. Petersburger Mariinski-Orchester unter Valery Gergiev statt. Der russische Präsident Putin pries das Konzert als Symbol der Wiedergeburt Palmyras. Ist durch den Wunsch nach einem raschen Wiederaufbau nun eine Art antikes Disneyworld zu befürchten? Und muss man nicht auch die Bevölkerung vor Ort unterstützen und miteinbeziehen?
Das „kulturelle Patchwork“ – der Reichtum der verschiedenen Stile, der Dialog der Kulturen, Völker, Sprachen und Religionen begründete den Ruhm Palmyras und machte die Stadt zu einer der bedeutendsten antiken Kulturstätten im Nahen Osten – beim ICOM Palmyra-Gespräch sprachen wir über die Zukunft Palmyras.
Programm
Begrüßung
Dr. Danielle Spera, Präsidentin ICOM Österreich & Direktorin des Jüdischen Museums Wien
Dr. Georg Plattner, Sammlungsdirektor, Antikensammlung/Ephesos Museum, KHM Wien
Dr. Christoph Bazil, Leiter der Abteilung für Denkmalschutz und Kunstrückgabeangelegenheiten, Bundeskanzleramt Österreich
Keynotes
„Palmyra aus dem 3D-Drucker? Das Potential der 3D-Technologie beim Schutz archäologischer Kulturgüter“
Prof. Dr. Markus Hilgert, Direktor Vorderasiatisches Museum, Staatliche Museen zu Berlin
„Syrian Heritage Archive - ein Kooperationsprojekt des Deutschen Archäologischen Instituts und des Museums für Islamische Kunst“
Dr. Franziska Bloch, Syrian Heritage Archive, Deutsches Archäologisches Institut
„Ein Krieg zerstört Weltkulturerbe. Die Altstadt von Aleppo und der Wiederaufbau"
Prof. Dr. Mamoun Fansa, Workinggroup Rebuilding Aleppo
Im Anschluss
Podiumsdiskussion mit Fragen aus dem Publikum
Moderation
Dr. Georg Plattner, Sammlungsdirektor, Antikensammlung/Ephesos Museum, KHM Wien
Die Presse
Der Wiederaufbau von Palmyra als Zeichen des Widerstands
Ein Bericht in der "Presse" zum Thema unseres ICOM Palmyra-Gespräches vom 15.9.2016
Lesen Sie mehr:
http://icom-oesterreich.at/news/der-wiederaufbau-von-palmyra-als-zeichen...
Prof. Dr. Markus Hilgert ist seit 2013 Direktor des Vorderasiatischen Museums der Staatlichen Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz. Der Altorientalist und Vorsitzende der Deutschen Orient-Gesellschaft (DOG) studierte zwischen 1990 und 1996 Altorientalistik, Semitistik, Vergleichende Religionswissenschaft und Vorderasiatische Archäologie an den Universitäten Marburg, München und Chicago. Seit 2007 ist er Professor für Assyriologie mit Schwerpunkt Sumerologie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Im März 2014 wechselte Hilgert an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und lehrt nun als Honorarprofessor an der Universität Heidelberg und der Universität Marburg. In seinen Veröffentlichungen hat sich Hilgert vor allem mit der keilschriftlichen Überlieferung und Geschichte des antiken Mesopotamien, aktuellen kulturtheoretischen Ansätzen in den Geisteswissenschaften sowie Fragen des Kulturgutschutzes auseinandergesetzt. Er ist Koordinator des Verbundvorhabens „ILLICID – Illegaler Handel mit Kulturgut in Deutschland“, des „Zentrums für digitale Kulturgüter in Museen“ sowie des deutsch-irakischen Expertendialogs „Iraq’s Cultural Heritage at Archaeological Sites and Museums“. Außerdem ist er Gründungskoordinator und stellvertretender Geschäftsführender Direktor des Heidelberg Zentrum Kulturelles Erbe / Heidelberg Center Cultural Heritage. Seit 2008 ist Hilgert korrespondierendes Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts und seit 2009 Wissenschaftlicher Leiter der Uruk-Warka-Sammlung des Deutschen Archäologischen Instituts an der Universität Heidelberg. Hilgert ist seit 2009 ordentliches Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste und Vorsitzender der Deutschen Orient-Gesellschaft. Hilgert ist Mitglied der Deutschen UNESCO-Kommission und Mitglied im Expertenteam des "Emergency Safeguarding of the Syrian Cultural Heritage Project" der UNESCO.
Dr. Franziska Bloch ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Archäologischen Institut (DAI). Sie ist mit der Koordination des AA-geförderten „Syrian Heritage Archive Projects“ (SHAP) am DAI befasst, das im Rahmen des ArcHerNet-Projektes "Stunde Null - Eine Zukunft für die Zeit nach der Krise" durchgeführt wird. Bloch war zuvor Referentin der Außenstelle Damaskus der Orient-Abteilung des DAI. Im Jahr 2007 promivierte sie im Fach Islamische Kunstgeschichte und Archäologie, Otto-Friedrich-Universität Bamberg (mit der Arbeit: Archäologische Aspekte zur Besiedlung der „syrischen Wüste“ in spätvorislamischer und frühislamischer Zeit am Beispiel von Ǧabal Says / Usays in Südsyrien), 1999 schloss sie das Studium der Kunstgeschichte mi dem Magister Titel ab.
Prof. Dr. Mamoun Fansa ist Honorarprofessor für Geschichte an der Universität Oldenburg. Er wurde in Aleppo, Syrien, geboren. 1967 musste er Syrien wegen Wehrdienstverweigerung verlassen und lebt seitdem in Deutschland. Er studierte von 1967–1972 Kunst und Design an der Fachhochschule Hannover, von 1972–1979 Nordeuropäische Archäologie in Hannover und Göttingen. Von 1978–1987 war er als Mitarbeiter des Instituts für Denkmalpflege in Hannover tätig. Von 1987–1994 leitete er die archäologische Abteilung des Landesmuseums Natur und Mensch, Oldenburg. 1994–2011 war er Leitender Museumsdirektor dieses Hauses. Neben zahlreichen Ausstellungen zur Schnittstelle von Orient und Okzident hat er im Jahr 2000 die Ausstellung „Damaskus –Aleppo. 5000 Jahre Stadtentwicklung“ konzipiert und gezeigt. Fansa ist der Initiator und Gründer der Europäischen Vereinigung zur Förderung der Experimentellen Archäologie, deren Vorsitzender er bis 2008 war. Mamoun Fansa hat 2013 und 2014 zwei Publikationen über die Zerstörung des Weltkulturerbes in Aleppo und der sechs Weltkulturerbestätten in Syrien herausgegeben. Er bereitet gemeinsam mit dem Verein „Freunde der Altstadt von Aleppo“ den Wiederaufbau der historischen Altstadt von Aleppo vor. Seit 2011 ist er Vorsitzender des Fördererkreises Museumsdorf Düppel, Berlin.