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Report: ICOM DEMHIST & CECA CONFERENCE 2017 « Relevance 2017 »
REPORT
SCHOLARSHIP ICOM AUSTRIA INTERNATIONAL
Wencke Maderbacher
TEILNAHME AN DER ICOM DEMHIST & CECA CONFERENCE 2017
« Relevance 2017 »
14.-18. Oktober 2017
Viel war im Vorfeld nicht zu erfahren über die CECA Conference in London. Die Informationen kamen recht spärlich und spät, man wusste nicht so recht, was einen da in London erwarten wird. Umso größer war dann die Freude vor Ort über eine wirklich gelungene internationale Konferenz mit durchdachtem Programm, interessanten Beiträgen und guten Netzwerkmöglichkeiten.
Ca. 200 TeilnehmerInnen der ICOM DEMHIST und CECA Komitees trafen im Tower von London aufeinander. Die Idee mit zwei Komitees zusammen eine Konferenz zu veranstalten ging voll auf. Die Themen befruchteten sich, der Austausch war abwechslungsreich und die Diskussionen lebhaft. Natürlich hatte jedes Komitee auch seine eigenen Highlights, wie zum Beispiel die jeweiligen General Assemblies oder der CECA Research Award, ansonsten fanden die Panels, Sessions, Workshops und das Rahmenprogramm gemeinsam statt. Begleitet wurde die gesamte Konferenz von der Illustratorin Merlin Strangeway, die beeindruckende Science & Art Live-Illustrationen von den Panels anfertigte.
Am Freitag, 13.Oktober, hätte es bereits Pre-Conference Workshops in Spanisch und Englisch gegeben, aber zu diesem Zeitpunkt war der Österreichische Museumstag noch in vollem Gange.
Samstags rief Franklin Vagnone zur Anarchy im Museum auf. Mit seinen Workshops bricht er aus gewohntem (ruhigen) Museums-Storytelling aus und versucht die TeilnehmerInnen bzw. BesucherInnen persönlich zu involvieren. Z.B. eines Experimentes, das zeigt, dass alle Menschen mehr gemeinsam haben, als man auf den ersten Blick meint. Vagnone ließ alle TeilnehmerInnen ihre Morgenroutinen analysieren und dann sortieren, um festzustellen, dass es immer zwischen 3 – 26 Abläufe gibt – weltweit, egal welches Alter, egal wie groß die Wohnung ist, Menschen mit kleinen Kindern, Haustieren oder grünem Daumen sind dabei eher im letzten Drittel zu finden. Es entstand eine lebhafte Diskussion darüber, ob Menschen in ein Museum kommen um sich und den Alltag zu vergessen oder sich (wieder-) zu finden. Seine Resultate und Methoden kann man in seiner Publikation „Anarchist‘s Guide to Historic House Museums“ nachlesen.
Die Postersession am Nachmittag fand im Geffrye Museum statt. Das Geffrye Museum diente ursprünglich als Pensionistenheim und zeigt Möbel und Einrichtungsgegenstände der letzten 400 Jahre. Für die TeilnehmerInnen gab es Kurzführungen, Vorträge und Einblicke in die Vermittlungsarbeit, bevor am Abend die Reception zum Netzwerken einlud.
Sonntagvormittag ging es wieder im Tower weiter. In den altehrwürdigen Hallen wurde bei den Lighting Talks und Working Digital Panel neue (Vermittlungs-)Projekte vorgestellt. Besonders beeindruckend sind hier zum Beispiel das Danish Museum of Science and Technology. Ein Ausstellungsschwerpunkt des Museums beschäftigt sich mit Patenten. In diesem werden nun historische erfolglose Patente mittels eines Schulprojektes wieder aufgenommen und recycelt. Vielleicht steckt ja doch etwas Brauchbares in der ursprünglichen Idee. Mittels Chatbots wiederrum schickt man Jugendgruppen erfolgreich in Mailand durch die Museen. Der Chatbot stellt kleine Aufgaben und regt zu Interaktionen an. Die wichtigsten Lektionen, die das Vermittlungsteam aus diesem Projekt gelernt hat waren: keine eigene App zum Download entwickeln, sondern die Kanäle nutzen, auf denen Jugendliche sich aktuell befinden (z.B. Instagram, Whatsapp – facebook ist nicht mehr aktuell), es soll lustig sein, und darf gerne eine Challenge – eine Herausforderung – in sich haben und Emoticons sind nicht alles. Die Jugendlichen konnten durch die non-lineare Herausforderung für die Museumsabenteuer begeistert werden.
Zentral bei der Verwendung neuer Medien für Projekte ist immer, dass diese nicht wie „alte“ Medien verwendet werden. Nur weil etwas auf Facebook gepostet wird, ist es noch lange nicht „social“ – es muss ein Dialog eine Interaktion möglich sein und angeregt werden.
Die Royal Palaces London stellten ihre umfangreichen Online-Kurse zu ihren Häusern vor. Auch sie suchten zuerst nach einem anregenden, verbindenden Thema und wurden schließlich bei den historischen Völlereien fündig. Im Kurs „History of food & feasting“ konnten sich TeilnehmerInnen weltweit mittels des übergeordneten Themas Essen zu den einzelnen Palästen und deren BewohnerInnen ausführlich informieren. Die Erfolgsquote, d.h. die TeilnehmerInnen, die über Wochen mitgemacht haben, steigerte sich von Projekt zu Projekt. Überdies gewannen die Royal Palaces treue Stammkunden, die nach dem kostenlosen Onlinekurs bereit waren, z.B. extra aus den USA für einen Kurs vor Ort anzureisen. Emotionen und die Möglichkeit zum Austausch wurden von allen als großes Plus gesehen.
Der Workshop der Gruppe Thinking Museums vermittelte praxisnahe einfache Methoden, mit denen VermittlungsteilnehmerInnen zum Nachdenken, oder besser gesagt zum Wundern eingeladen werden. Eine dieser Methoden „See – Think – Wonder“ kann man z.B. in diesem Video nachverfolgen. Mit diesen Vermittlungsroutinen können alle TeilnehmerInnen gleichermaßen involviert werden und Diskussionen angeregt werden.
Beeindruckend war die Keynote der neuen Tate Britain Direktorin Maria Balshaw. Ihre Motivation ist es, Tate zu einem tatsächlich zugänglichen Ort für alle LondonderInnen zu machen und sich als Kulturinstitution für einen offenen Austausch einzusetzen. Das aktuelle Museumsprogramm trägt diesem Gedanken Rechnung, z.B. sind in der großen Halle riesige Schaukeln der Künstlergruppe Superflex montiert. Richtig schaukeln kann man aber nur zu zweit oder zu dritt – man muss also mit anderen ins Gespräch und in Aktion kommen. Die Ausstellungen und deren Programm selbst zeugen von mehr Diversität. So war die Tate Britain Teil der London Pride Woche und setzt sich aktiv und sichtbar für die Rechte der LGBTQ Bewegung ein.
Die ICOM CECA General Assembly zeigte, dass ICOM CECA Austria neben Portugal das aktivste CECA Komitee in Europa ist.
ICOM CECA Austria konnte vor dem Board und der CECA Gemeinschaft von der im Vorfeld abgehaltenen ICOM CECA Austria Preconference mit 130 TeilnehmerInnen berichten. Besonderes Lob kam vom International Board für das erarbeitete und beschlossene Berufsbild für KulturvermittlerInnen. Dieses soll nun rasch übersetzt werden und den anderen Komitees zur Verfügung gestellt werden. ICOM CECA Croatia und ICOM CECA Portugal haben hier zur engen Zusammenarbeit angefragt.
Im September 2018 wird die ICOM CECA Conference in Tiflis, Georgien stattfinden. Das dortige Thema lautet „What does Cultural Action mean to you?“. Hier ist die Vorarbeit der ICOM CECA Austria Arbeitsgruppe besonders wertvoll, da man sich hier bereits seit 2015 mit den Kernthemen der Vermittlungsarbeit auseinandersetzt. Hinterfragt wird auch, ob der aus den 60ern stammende Komiteename wechseln soll Comittee for Education and Cultural Action. In vielen Ländern wird der Begriff Cultural Action nicht verwendet – Education greift allerdings nicht weit genug.
Einen besonderen Aufruf gab es auch für den CECA Research Award – heuer wurden nur zwei Projekte eingereicht.
Prinzipiell wächst die CECA Gruppe stetig, aktuell hat CECA 1.774 Mitglieder weltweit.
2016 wurde auch eine praxisnahe Publikation von ICOM CECA herausgebracht: das Educational Toolkit von Arja van Veldhuizen steht auf der CECA Website zum kostenlosen Download: http://network.icom.museum/ceca/others/other-publications/
Die Relevance 2017 Conference von ICOM CECA und DEMHIST war eine rundum gelungene Veranstaltung. Der Austausch zwischen den TeilnehmerInnen war anregend, und die Gestaltung und Moderation der Beitragsthemen interessant. Besonders wichtig ist das Zusammentreffen der nationalen VertreterInnen für die künftige Zusammenarbeit und Austausch. Die ICOM CECA Konferenz 2018 in Tiflis verspricht mit ihrem Kernthema Vermittlungsarbeit besonders interessant zu werden.
Weitere Informationen:
ICOM CECA Austria:
Wencke Maderbacher
ICOM CECA National Correspondent