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"Haus der Geschichte Österreichs" - Rückblick zu Vortrag & Podiumsdiskussion vom 22.6.2015
Haus der Geschichte Österreichs, Weltmuseum Wien, Ephesos-Museum, Sammlung Alter Musikinstrumente, Hofjagd- und Rüstkammer – wird die Neue Burg zum Neuen Museumsquartier?
Die Aufregung war groß, als Kulturminister Josef Ostermayer Anfang des Jahres klar stellte, dass in der Neuen Burg – neben dem Weltmuseum Wien - auch ein Haus der Geschichte Österreichs einziehen soll. Denn das bedeutete auch, dass Direktor Steven Engelsman eine „Redimensionierung“ seiner ambitionierten Pläne für den Um- und Ausbau des Weltmuseums im Corps de Logis hinnehmen musste. Der Spatenstich für den Umbau des Weltmuseums ist nun im Herbst dieses Jahres angesetzt, die Neu-Eröffnung soll im Herbst 2017 stattfinden. In der Zwischenzeit hat ein Team von österreichischen und internationalen Expert/innen unter der Leitung von Prof. Oliver Rathkolb ein Konzept für das geplante „Haus der Geschichte Österreichs“ erarbeitet. Eine zeitgemäße Aufarbeitung und Präsentation der Geschichte Österreichs - mit der Zeit des Nationalsozialismus als Schwerpunkt – fand bisher außerhalb der Jüdischen Museen nicht statt und ist daher höchst an der Zeit. Wieviel die Umsetzung des neuen Konzeptes kosten wird ist noch unklar: Kolportierte Schätzungen liegen zwischen 25 bis 60 Millionen Euro. Durch den Platzbedarf für das „Haus der Geschichte Österreichs“ könnte es auch zu einer Umsiedelung der KHM-Sammlung alter Musikinstrumente kommen, eine mögliche Anbindung des Ephesos-Museums und der Hofjagd- und Rüstkammer ist noch unklar. Das Kunsthistorische Museum sieht indes die Chance, alte Projekte neu zu beleben: die Unterkellerung des Maria-Theresien-Platzes sowie einen Besuchertunnel zwischen KHM-Hauptgebäude und dem Weltmuseum unter dem Burgring. Dazu kommen Pläne der Österreichischen Nationalbibliothek für einen Tiefspeicher unter dem Heldenplatz. Wird das Areal um die Neue Burg nun zu einem neuen Museumsquartier? Kann das „Haus der Geschichte Österreichs“ in räumlicher Verbindung mit bereits vor Ort bestehenden Sammlungen eingerichtet werden – oder ist doch ein Neubau nötig? Und - wird das „Haus der Geschichte Österreichs“ im Jubiläumsjahr 2018 eröffnen? Fragen wie diese wurden am 22. Juni im Weltmuseum Wien diskutiert.
Einen Video-Mitschnitt der Veranstaltung finden Sie unter dem Link unten:
https://www.youtube.com/watch?v=jElXO8KTeAY
Dr. Danielle Spera, Präsidentin, ICOM Österreich
Dr. Steven Engelsman, Direktor, Weltmuseum Wien
Vortrag: Pläne & Konzeption für das „Haus der Geschichte Österreichs - Eine vorläufige Bestandsaufnahme", Univ.-Prof. Mag. DDr. Oliver Rathkolb
Podium:
• Mag. Martin Fritz, Kurator, Berater und Publizist in Wien
• Dr. Renate Goebl, Vize-Direktorin, KulturAgenda
• Prof. Dr. Hans-Martin Hinz, Präsident, ICOM International
• Dr. Matthias Pfaffenbichler, Direktor der Hofjagd- und Rüstkammer /
KHM Wien
• Univ.-Prof. Mag. DDr. Oliver Rathkolb, Institut für Zeitgeschichte,
Universität Wien
Moderation: Thomas Trenkler, Kurier
Hitzige Debatte um „Haus der Geschichte“
In der Diskussion sprach sich Matthias Pfaffenbichler, der Direktor der Hofjagd- und Rüstkammer des Kunsthistorischen Museums (KHM), vehement gegen die Absiedlung der Sammlung Alter Musikinstrumente aus. Diese befindet sich derzeit in der Neuen Burg - dort, wo das „Haus der Geschichte“ entstehen könnte. „Warum lässt man die Sammlung nicht dort, wo sie ist?“, fragte er unter großem Beifall des Auditoriums. Auch diese Sammlung habe viel mit österreichischer Geschichte zu tun.
Pfaffenbichler bezweifelte auch die Notwendigkeit einer Dauerausstellung für ein Museum ohne eigene Sammlung, wie es das geplante neue Geschichtsmuseum sei. Museumsexpertin Renate Goebl glaubte, unter Einbeziehung aller Kosten werde das Einpassen des „Hauses der Geschichte“ in die Neue Burg so teuer kommen wie die Errichtung eines kleinen, architektonisch signalhaften Neubaus auf dem Heldenplatz.
Rathkolb: Neue Burg und Heldenplatz ideal
Seit der von Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) verordneten Redimensionierung des Weltmuseums und der Anregung, das „Haus der Geschichte“ in der benachbarten Neuen Burg unterzubringen, ist wieder Bewegung in das seit längerem betriebene Projekt gekommen - mehr dazu in Haus der Geschichte: Anlauf über fast zwei Jahrzehnte. Ostermayer beauftragte den Zeithistoriker Oliver Rathkolb mit der Leitung einer vorbereitenden internationalen Expertengruppe.
„Wir gehören nicht auf die grüne Wiese“, so Rathkolb am Montag bei der von der Österreich-Sektion des Museumsbunds ICOM organisierten Veranstaltung, er sieht die Neue Burg und den Heldenplatz als idealen Standort. Der Blick vom Hofburg-Balkon eröffne eine spannende „demokratiepolitische Achse Richtung Parlament“. Rathkolb betonte weiters, es sei keinesfalls vom Minister die Absiedelung der Sammlung Alter Musikinstrumente „beschlossen worden“, der Vorschlag, Räume in der Neuen Burg zur Verfügung zu stellen, sei von der Direktion des KHM gekommen. Dass zunächst ein Teil der derzeit von der Musikinstrumente-Sammlung genutzten Flächen vom KHM angeboten worden sei, bestätigte schließlich auch KHM-Vizedirektor Franz Pichorner. Ende der Woche werde es einen neuen Termin bei Ostermayer geben, bei der neue Vorschläge in der diffizilen und kostspieligen Causa diskutiert würden.
Heldenplatz als zweites Museumsquartier?
Durch die temporäre Absiedlung des Parlaments für den Zeitraum seines Umbaus werde sich „der Eindruck dieses Platzes in den nächsten Jahren komplett verändern“, so Rathkolb weiter über den Heldenplatz. Die Zeit danach eröffne große Chancen für eine Neugestaltung. 2022 werde das Containterdorf des Parlaments wieder vom Heldenplatz abgesiedelt.
Wichtig für die künftigen inhaltlichen und räumlichen Überlegungen sei auch das Äußere Burgtor. Dessen nach oben offene Ehrenhalle sei als Raum-Ressource „durchaus auch etwas, das wir gerne diskutiert hätten“, so Rathkolb. Für Herbst werde eine Parlamentsenquete über stadtplanerische Utopien für den Heldenplatz und die „Transversale zum Museumsquartier“ angestrebt. „Denn geht es nicht eigentlich um ein zweites Museumsquartier?“ Zur Rolle der Expertengruppe stellte Rathkolb klar: „Wir sehen uns nicht als Besatzer, als Usurpator, sondern als Katalysator, der bestimmte Entwicklungen in Gang bringen kann.“
Testprogramm ab Herbst geplant
Eines der „Leitnarrative“ der künftigen Ausstellung soll laut Rathkolb die Darstellung der Zeit um 1850/70 als „erste Globalisierung“, sein, die in Bezug zur zweiten Globalisierung Ende des 20. Jahrhunderts gestellt werden soll. Das „Haus der Geschichte“ solle als „interaktives und offenes historisches Museum konzipiert werden, das von den Lebensrealitäten der Besucher ausgeht“. „Wir planen ab Herbst 2015 ein immer intensiver werdendes Veranstaltungsprogramm, um Fragestellungen und Thesen auszutesten.“
Es brauche demnächst eine Entscheidung KHM über die Räumlichkeiten („Ich weiß, es ist eine extrem schwierige Entscheidung. Ich kann sie auch nicht treffen.“), danach solle vom Ministerium ein Grobschätzung für Budgetrahmen und Architekturkosten abgegeben werden, auf deren Grundlage eine Ausschreibung erfolgen könne.
Weitere Links:
Wir haben für Sie einen Überblick über die aktuellen Meldungen zur derzeitigen Situation des Weltmuseum Wien - natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit - zusammengefasst.
http://icom-oesterreich.at/news/icom-oesterreich-lud-zur-diskussion-uebe...
Kurier, 24.06.2015
Hitzige Debatte um das Haus der Geschichte Proteste gegen Neukonzeption der Neuen Burg
http://kurier.at/kultur/kunst/hitzige-debatte-um-das-haus-der-geschichte...
Der Standard, 23.06.2015
Haus der Geschichte: Hitzige Debatte im Weltmuseum
http://derstandard.at/2000017899375/Haus-der-Geschichte-Hitzige-Debatte-...
APA, 23.6.2015
Haus der Geschichte: 2022 als Zeithorizont für Heldenplatz-Gestaltung
Tiroler Tageszeitung - Online, 23.6.2015
Haus der Geschichte: 2022 als Zeithorizont für Heldenplatz-Gestaltung