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Unleserliches lesbar - Forscher der Uni Innsbruck können alte Handschriften entschlüsseln

27.08.2015

Wiener Zeitung, 25.8.2015

Innsbruck. (gral) Handschriften sind so individuell wie die Menschen selbst. Ihnen liegt zugrunde, dass sie für Außenstehende oft nur schwer zu entziffern sind. Noch schwieriger gestaltet sich die Sache bei historischen Handschriften. Ein in Kurrentschrift verfasster Brief des Großvaters wird oft zum schier unlösbaren Rätsel. Computer können bei der Entschlüsselung der Texte künftig helfen.

 

Eine experimentelle Version der Software steht im Internet bereits zum Download zur Verfügung. Expertinnen, aber auch Laien können sich dort registrieren und das Programm ausprobieren:

www.transkribus.eu

 

Möglich machen dies Innsbrucker Forscher. Sie wollen diese Technologie nun der Wissenschaftsgemeinde, interessierten Archiven und der breiten Öffentlichkeit zugänglich machen und damit gleichzeitig die eingesetzten Computeralgorithmen weiter verbessern, wie die Universität Innsbruck am Dienstag mitteilte. Schon seit einigen Jahren arbeiten Forscher weltweit daran, digitalisierte historische Dokumente vom Computer automatisch entschlüsseln zu lassen. "Die Grundlagenforschung zur Handschriftenerkennung ist schon recht weit fortgeschritten", betont Günter Mühlberger, Leiter der Gruppe Digitalisierung und Elektronische Archivierung an der Uni Innsbruck. Mit seinem Team arbeitet er am Aufbau einer Serviceplattform.

 

Serviceplattform im Aufbau
Schwierigkeiten bereiten den Computerprogrammen bisher vor allem das komplexe Layout historischer Dokumente, die unterschiedlich geformten Handschriften, aber auch die verschiedenen Sprachen, die sich im Laufe der Zeit mitunter auch stark gewandelt haben. Die Maschine muss nicht nur erkennen, wo auf einem Dokument ein Text steht, sondern auch die einzelnen Zeilen, so der Forscher. In den nächsten Jahren sollen Katasterbände, Kirchenbücher, Briefe, aber auch unterschiedlichste Personenlisten, Ratsprotokolle und vieles mehr computerlesbar gemacht werden. Die Forscher werden auch eine App für Smartphones anbieten, mit der die Handschriften direkt eingescannt werden können. Auch die Handschriften berühmter Persönlichkeiten sollen automatisch erkennbar gemacht werden. Dies ermöglicht in Archiven schließlich auch die Suche nach anderen Texten einer bestimmten Person. Im Rahmen des von der Uni Innsbruck koordinierten EU-Projekts READ sollen die historischen Schätze der Forschung und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Es wird im Rahmen des Förderprogramms Horizon 2020 mit insgesamt 8,2 Millionen Euro unterstützt, 1,1 Millionen Euro fließen nach Innsbruck. Partner sind Universitäten, Forschungseinrichtungen und Archive in ganz Europa.
 

 

Weitere Informationen:

http://www.wienerzeitung.at/themen_channel/wissen/geschichte/770657_Unle...

 

Foto-Credit: © Fotolia/Scisetti Alfio