Rückblick - ICOM Österreich-Vortrag: Palmyra geht uns alle an! Ein Krieg zerstört uraltes UNESCO-Weltkulturerbe
Rückblick - ICOM Österreich-Vortrag: Palmyra geht uns alle an! Ein Krieg zerstört uraltes UNESCO-Weltkulturerbe
Bassano-Saal des KHM, 10.09.2015
Programm:
Begrüßung
Dr. Georg Plattner, Direktor Antikensammlung/Ephesos Museum, KHM
Dr. Danielle Spera, Präsidentin ICOM Österreich
Schweigeminute zum Gedenken an Khaled Asaad
Vortrag von Prof. Dr. Andreas Schmid-Colinet
v.l.n.r.: Dr. Georg Plattner, Direktor Antikensammlung/Ephesos Museum, KHM, Prof. Dr. Andreas Schmid-Colinet, Dr. Danielle Spera, Präsidentin ICOM Österreich, Otto Hochreiter, Direktor GrazMuseum, Treasurer ICOM Österreich
Eröffnungsansprache von Dr. Danielle Spera, Präsidentin ICOM Österreich & Direktorin Jüdisches Museum Wien
Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Liebe ICOM-Mitglieder,
ich möchte vorab die Gelegenheit nutzen, um mich bei der Generaldirektorin der Kunsthistorischen Museums, Dr. Sabine Haag – hier vertreten durch Herrn Direktor Plattner – sehr herzlich für die wunderbare Unterstützung und Zusammenarbeit bedanken, ohne die unser ICOM Vortrag heute nicht möglich gewesen wäre. Als wir im Mai diese Veranstaltung zu Palmyra initiiert haben, dachten wir an einen Vortrag im kleinen Kreis von Experten. Die tragischen Geschehnisse seither haben uns förmlich überrollt: Der Tempel von Baal Shamin in Palmyra, steht nicht mehr – ebenso wie der berühmte Bel-Tempel und drei der ehemals best-erhaltenen Grabtürme. Sie alle gehörten zum Weltkulturerbe und standen unter dem Schutz der UNESCO. Kürzlich wurden sie von IS Terroristen in die Luft gesprengt. Die selbsternannten Gotteskrieger zerstören in ihrer Barbarei unwiederbringliches Weltkulturerbe und sie ermorden jene, die sich daran nicht beteiligen wollen. Menschen, wie Khaled Asaad, den langjährigen Antikendirektor von Palmyra, der am 18. August 2015 von Schergen des sogenannten „Islamischen Staates“ im Alter von 82 Jahren in Palmyra auf bestialische Weise ermordet wurde. Prof. Schmidt-Colinet, der ein langjähriger Freund und Weggefährte Assads war, wird Ihnen im anschließenden Vortrag noch mehr über dessen Bedeutung für Palmyra berichten.
ICOM International und die UNESCO haben die systematischen Zerstörungen im Irak und Syrien, insbesondere in Palmyra und natürlich auch die brutale Ermordung von Khaled Assad scharf verurteilt. Doch die internationale Staatengemeinschaft hat bisher noch kein Mittel zu Lösung des Konfliktes und zum gemeinsamen Kampf gegen den IS-Terror gefunden. So müssen wir zusehen, wie die Zerstörungen tagtäglich weitergehen. Hunderttausende sind inzwischen Opfer des Bürgerkrieges in Syrien, Millionen sind auf der Flucht, Tausende auf dem Weg nach Europa, wo sie unsere Hilfe und Solidarität brauchen. Das uralte Kulturland, das sie zurücklassen wird brutal zerstört oder geplündert. Von den frühen Hochkulturen des Alten Orients über die blühenden Städte der Römerzeit über die Kreuzfahrer und die islamischen Dynastien bis zu den Krisen der Gegenwart reicht die Geschichte dieser Region.
Prof. Schmidt-Colinet hat 30 Jahre lang im syrischen UNESCO-Welterbe Palmyra geforscht und leitete dort von 1980 bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs 2010, verschiedene wissenschaftliche Forschungsprojekte. Er wird uns diese reiche Kulturlandschaft exemplarisch vorstellen und anhand von aktuellen Bildern und Zahlen die katastrophalen Folgen des Krieges sowohl für die Menschen, als auch den systematischen Raub und die unwiederbringliche Zerstörung der Kulturgüter aufzeigen.
Für ICOM ist der Schutz unseres gemeinsamen kulturellen Erbes ist ein ganz zentrales Anliegen. Jeden Tag werden irgendwo auf der Welt Kulturgüter gestohlen, um auf dem illegalen Kunstmarkt verkauft zu werden. Dadurch werden weltweit Kulturstätten von unschätzbarem Wert für die Menschheit beschädigt oder zerstört. Nicht zuletzt finanzieren sich auch Terrororganisationen wie der IS zu einem bedeutenden Teil aus diesen Erlösen. ICOM hat sich daher mit verschiedenen internationalen Organisationen zur Plattform „ICOM International Observatory on Illicit Traffic in Cultural Goods“ zusammengeschlossen, um gemeinsam effektive Instrumente zu entwickeln, um den illegalen Handel mit Kulturgütern zu bekämpfen. Gleichzeitig veröffentlicht ICOM laufend aktualisierte Listen - “Emergency Red Lists of Cultural Objects at Risk” - der besonders betroffenen Länder, wie zurzeit für Syrien und den Irak. Doch auch kleine Schritte zum Schutz von Kulturgütern sind wertvoll: ICOM Österreich begrüßt in höchstem Maße den nun von Bundesminister Ostermayer eingebrachten Entwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie (2014/60/EU) und der UNESCO-Konvention von 1970 über die Rückgabe unrechtmäßig verbrachter Kulturgüter (Kulturgüterrückgabegesetz). Damit schließt sich endlich auch Österreich dem so wichtigen Kampf gegen den illegalen Handel mit Kulturgütern an.
Mit Unterstützung seines großen internationalen Netzwerkes setzt sich ICOM Österreich mit Veranstaltungen wie dieser dafür ein, das Bewusstsein für den Schutz unseres Kulturerbes und für den Kampf gegen den illegalen Kulturgüterhandel auch in Österreich zu stärken. Gemeinsam wollen wir nun eine Minute im Gedenken an Khaled Asaad innehalten, der sein Leben dem Schutz und der Verteidigung des Weltkulturerbes von Palmyra gewidmet hat. Khaled Asaad war von 1963 bis 2003 Direktor der Ausgrabungen und der Museen von Palmyra. In dieser Zeit hat er zahlreiche Grabungen, Restaurierungen und Forschungen in Palmyra geleitet und durchgeführt und damit internationale Anerkennung gefunden. Er war auch ICOM Mitglied. Am 18. August 2015 wurde Khaled Asaad von Schergen des sogenannten „Islamischen Staates“ im Alter von 82 Jahren in Palmyra auf grauenhafte Weise ermordet. Ich darf Sie bitten sich nun zu erheben, damit wir gemeinsam das Andenken dieses großen Mannes ehren können.
Unter diesem Link können Sie das Pdf. der Präsentation zum Vortrag von Prof. Schmid-Colinet herunterladen:
Prof. Dr. Andreas SCHMIDT-COLINET
Der Archäologe Andreas Schmidt-Colinet hat 30 Jahre lang im syrischen UNESCO-Welterbe Palmyra geforscht und leitete von 1980 bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs 2010 verschiedene wissenschaftliche Forschungsprojekte in Palmyra.
Andreas Schmidt-Colinet studierte von 1967 bis 1974 Klassische Archäologie, Ur- und Frühgeschichte sowie Alte Geschichte. 1974 promovierte er in Köln im Fach Klassische Archäologie bei Heinz Kähler über Antike Stützfiguren. Von 1975 bis 1980 war Schmidt-Colinet als Assistent an der Universität Frankfurt tätig. 1975/76 hatte er das Reisestipendium des Deutschen Archäologischen Instituts. Von 1980 bis 1984 war er wissenschaftlicher Referent bei der Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts in Damaskus. Ab 1981 übernahm er die Leitung des Palmyraprojekts. Von 1984 bis 1992 arbeitete er als Oberassistent an der Universität Bern. Im Jahr 1990 erfolgte die Habilitation mit dem Beitrag Studien zur Palmyrenischen Grabarchitektur und ihrer Ausstattung. In den Jahren 1992 bis 1996 hatte Schmidt-Colinet Gastprofessuren in Wien, Paris, Besançon, Warschau, Mainz und Neuchâtel inne. Von 2000 bis 2010 lehrte er als Professor für Klassische Archäologie an der Universität Wien.
Schmidt-Colinet ist Verfasser zahlreicher Publikationen, zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die hellenistisch-römische Kunst und Architektur im Vorderen Orient, die Nabatäische Felsarchitektur und die Grabungen und Forschungen in Palmyra. ist u.a. Mitglied der Mommsen-Gesellschaft (seit 1990), korrespondierendes Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts (seit 1993) und korrespondierendes Mitglied des Österreichischen Archäologischen Instituts (seit 1998).
Mit freundlicher Unterstützung: