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Preis der Europäischen Union für das Kulturerbe / Europa Nostra Awards 2015
Oslo, 11. Juni 2015 - Die Gewinner des Preises der Europäischen Union für das Kulturerbe / Europa Nostra Awards 2015 wurden heute Abend in der Stadthalle von Oslo gefeiert. Gastgeber dieses großen Festaktes sind Tibor Navracsics, EU-Kommissar für Erziehung, Kultur, Jugend und Sport, sowie Denis de Kergorlay, Exekutivpräsident von Europa Nostra, in Vertretung des Präsidenten der Organisation, Plácido Domingo, der bedauerlicherweise aus familiären Gründen kurzfristig seine Teilnahme absagen musste. In einer Sonderbotschaft schickte der Maestro seine Glückwünsche an die 30 Preisträger.
Eine besondere Ehrung erfuhr der Festakt durch die Anwesenheit von S.K.H. dem Kronprinzen Haakon von Norwegen Der Bürgermeister von Oslo, Fabian Stang, und die Norwegische Ministerin für Klima- und Umweltschutz, Tine Sundtoft, begrüßten 600 Gäste aus ganz Europa, Fachleute, Ehrenamtliche, Freunde und Förderer unseres gemeinsamen Kulturerbes. Die Preisverleihung wurde als Livestream der YouTube Adresse Europa Nostras übertragen. Während des Festakts wurden die sieben Gewinner des Großen Preises bekannt gegeben, ebenso der Publikumspreis, der aus den in diesem Jahr ausgezeichneten Projekten ausgewählt wurde. Die sieben Gewinner des Großen Preises, die von einer unabhängigen Jury ausgewählt wurden und jeweils10.000 Euro erhalten, sind:
Kategorie Denkmalschutz
▪ Liszt Musikakademie in Budapest, UNGARN
▪ Salztal von Anana, Baskenland, SPANIEN
▪ Armenische Kirche von St Giragos, Diyarbakir, TÜRKEI
Kategorie Forschung und Digitalisierung
▪ Wunder von Venedig: Virtuelle Online Kunstschätze, St. Markus, ITALIEN
Kategorie Ehrenamtliches Engagement
▪ Der Rundlingsverein, Jameln, DEUTSCHLAND
▪ Stiftung Entweihte Kirchen, London, GROSSBRITANNIEN
Kategorie Bildung, Ausbildung und Bewusstseinsbildung
▪ Programm für Eigentümer ländlicher Gebäude in Estland, Tallinn, ESTLAND
Der Publikumspreis, für den man über Europa Nostra online abstimmen konnte, ging an:
Die Instandhaltung der Nuraghischen Skulpturen von Mont‘e Prama in Sardinien, ITALIEN.
Der Preis der EU für das Kulturerbe / Europa Nostra Award wurde an 28 Preisträger aus 15 Ländern Europas vergeben, die an dem Kreativen Europa-Programm der EU teilnehmen. Weiterhin gingen Europa Nostra Awards an zwei Projekte aus Ländern, die an diesem Programm nicht teilnehmen, Russland und Armenien. In seiner Sonderbotschaft an die Preisträger meinte der Präsident von Europa Nostra, Plácido Domingo: "Wir feiern Ihre Talente und Fähigkeiten und wir ehren Ihre Weitsicht und Ihren Mut. Jeder von Ihnen hat etwas wirklich besonderes geschaffen! Jeder von Ihnen hat den Weg vorgegeben, auf dem Andere folgen sollten, in Europa und darüber hinaus in der ganzen Welt." Er fügte hinzu: " Es ist an der Zeit, dass Europa - die Europäische Union genauso wie der Europarat - gemeinsam eine anspruchsvolle Strategie für das Kulturelle Erbe entwickeln, in enger Partnerschaft und aktiver Teilnahme mit der Zivilgesellschaft. Es ist unser gemeinsames Ziel weiter eine politischen Entwicklung voranzutreiben, die dem Kulturerbe in Europa förderlich ist. 2018 wird - so hoffen wir alle - das Europäische Jahr des Kulturerbes werden."
Der EU-Kommissar Tibor Navracsics, ergänzte in seiner Würdigung: "Seit 2002 der Preis der EU für das Kulturerbe / Europa Nostra Award geschaffen wurde, konnte die Europäische Kommission gemeinsam mit Europa Nostra außergewöhnliche Beispiele von Bewahrung und Erforschung, von Bildung, Ausbildung und Bewusstseinsbildung im Zusammenhang mit unserem Europäischen Kulturerbe feiern. In diesem Jahr stellte die Auswahl wieder eine besondere Herausforderung dar. Die Qualität und Vielfalt der Projekte zeigt wieder einmal das hohe Niveau der Leistungen und des Einsatzes all derer, die mit der Bewahrung des Kulturerbes in Europa befasst sind. Der Erhalt unseres Erbes hat aber nicht nur Symbolkraft; er hat durchaus Bedeutung für wirtschaftliches Wachstum, für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und für die Lebensqualität in unseren Städten und Regionen. Aus diesem Grund sollten wir nicht nachlassen, den Kulturerbe-Sektor zu fördern, auch zum Wohl zukünftiger Generationen. Meine Glückwünsche gehen an alle Preisträger, insbesondere die Sieger des Großen Preises und den Gewinner des Publikumspreises."
Anmerkungen der Jurys zu den Gewinnern des Großen Preises
Kategorie Denkmalschutz
▪ Liszt Musikakademie in Budapest, UNGARN
"Dieses Projekt betrachtet die Jury als beispielgebende Restaurierung. Die Maßnahme war äußerst komplex: Das Gebäude stellt ein besonderes Beispiel des anspruchsvollen Baustils der europäischen Sezession dar, es verbindet ästhetischen Glanz mit innovativem funktionalen Design. Da die Ansprüche an Musikdarbietungen in der heutigen Zeit aber unvergleichlich höher liegen als 1904, musste eine dem entsprechende neue Technik in die kostbare Einrichtung vergangener Tage rücksichtsvoll eingebracht werden. Das Ergebnis zeigt sich als außergewöhnliches Gesamtkunstwerk und gleichzeitig hoch technisierte Einrichtung, ohne dass Kompromisse an dem Einen oder Anderen erforderlich waren."
▪ Salztal von Anana, Baskenland, SPANIEN
"Die Jury war überrascht von dem gewaltigen Ausmaß dieses Projekts. Es umfasst nicht nur die Landschaft eines weiten Tales sondern auch das wirtschaftliche Leben seiner Bewohner, indem es die Wiederbelebung einer Industrie darstellt, die dort seit grauer Vorzeit bis in die jüngste Zeit hinein Bestand hatte. Der Jury fiel auf, dass das Salz aus diesem Tal in den besten Küchen zu finden war, nicht nur im Baskenland sondern weit darüber hinaus. Sie würdigte die geschickte Anwendung von Restaurierungstechniken, besonders im Umgang mit Holz."
▪ Armenische Kirche von St Giragos, Diyarbakir, TÜRKEI
"Die Jury ließ sich hier besonders von der breiten Unterstützung vor Ort beeindrucken. Das Bemühen, die zentrale Kirche der Armenier in Diyarbakir nach der Vertreibung ihrer Gemeinde zu restaurieren wirkte für die Stadt und ihre Bürger als großer Akt der Versöhnung. Nur durch eine umfassende Erforschung alter Akten konnten verlorene Bauelemente wieder hergestellt werden, insbesondere das Dach, der Klockenturm und die Innenausstattung. Die Beteiligung der armenischen Volksgruppe an der Wiederherstellung dieses Baudenkmals brachte einen umfangreichen Beitrag für den Frieden, die Versöhnung und die gesellschaftliche Integration seiner Bürger, und führte zu einer Welle von Besuchen von Armeniern aus der ganzen Welt."
Kategorie Forschung und Digitalisierung
▪ Wunder von Venedig: Virtuelle Online Kunstschätze, St Markus, ITALIEN
"Dieses Digitalisierungsprojekt konnte die Jury besonders beeindrucken. Eine multilinguale Plattform (10 Sprachen), erreichbar über verschiedenste Medien, unterstützt Fördermaßnahmen und Forschungsvorhaben, und erweist sich gleichermaßen nützlich für Fachleute und Touristen. Die Herausforderungen komplexer Zusammenhänge, das Unterscheiden zwischen der realen und der virtuellen Welt, eine Bandbreite akademischer Diszipline und unterschiedlicher Objekte, all das beinhaltet erfolgreich dieses äußerst beeindruckende und wertvolle Projekt."
Kategorie Ehrenamtliches Engagement
▪ Der Rundlingsverein, Jameln, DEUTSCHLAND
"Kulturelle Institutionen sind heutzutage in Zeiten von wirtschaftlichen Schwierigkeiten immer mehr auf ehrenamtliche Hilfe angewiesen. Die Jury sieht in der Arbeit des Rundlingsvereins ein herausragendes Beispiel dafür, wie diese Hilfe geleistet werden kann. Sie war sehr beeindruckt von dem Engagement und der strategischen Vision von drei Generationen ehrenamtlicher Bürger, die zusammen daran gearbeitet haben, diese faszinierende aus dem Mittelalter stammende Siedlungsform mit ihren planmäßigen Strukturmerkmalen zu retten und sie als lebendige Dörfer für nachfolgende Generationen zu behalten. Die Einrichtung des Rundlingsmuseums Wendlandhof Lübeln als Freilichtmuseum auf einer Hofstelle in einem lebendigen Rundling mit Exponaten über die Entstehung von Rundlingen, hat deutlich geholfen, das Verständnis der Öffentlichkeit für die Einmaligkeit dieser Siedlungsform zu gewinnen. Rundlinge sind gewiss besondere Dörfer. Das Zusammenspiel zwischen ihrer ungewöhnlichen Siedlungsform und der ländlichen Architektur hat eine Kulturlandschaft geschaffen, die nach der Überzeugung der Jury unterstützenswert ist für die Anerkennung als Weltkulturerbe."
▪ Entweihte Kirchen Stiftung, London, GROSSBRITANNIEN
"Die Jury bewundert hier ganz besonders, wie die Stiftung früh die Wichtigkeit der Bewahrung der religiösen und architektonischen Bedeutung von Kirchengebäuden und deren zentraler Funktion für das Leben in der Gemeinde erkannt hat. Das öffentliche Abwenden von religiösem Leben (zumindest dem Christentum) macht diese Aufgabe nur noch wichtiger. Diese schon längere Zeit funktionierende, wenn auch einmalige Partnerschaft zwischen Kirche und Staat könnte sich als Modell für eine derartige Zusammenarbeit erweisen. Die Jury wollte auch die außergewöhnliche Rolle würdigen, die diese Stiftung gespielt hat bei der Schaffung des Netzwerks Zukunft für das Kirchliche Erbe."
Kategorie Bildung, Ausbildung und Bewusstseinsbildung
▪ Programm für Besitzer ländlicher Gebäude in Estland, Tallinn, ESTLAND
"Überall in Europa werden Eigentümer historischer Gebäude, die nicht unter Denkmalschutz stehen, alleine gelassen, wenn es um deren Pflege und Erhalt geht. Aus diesem Grund gefiel es der Jury, die Initiative eines Museums, Besitzern alter, ländlicher Häuser in Estland mit praktischen Ratschlägen zu helfen, als über die Grenzen des Landes hinaus beispielhaft zu bezeichnen. Dies gilt nicht nur dem Bewahren herkömmlicher Handwerkstechniken und der Verwendung traditioneller Materialien, sondern auch der Förderung der allmählichen Einführung zeitgemäßer Technik im alten Baubestand. Die Tatsache, dass bereits sehr viele Hausbesitzer von diesem Angebot Gebrauch gemacht haben, zeigt, wie praktikabel und erfolgreich sich dieses Programm entwickelt hat."
Informationen zu dem Gewinner des Publikumspreises
▪ Nuragische Skulpturen der Monte Prama in Sardinien, ITALIEN
Die Zivilisation der Nuragier prägte Sardinien über Jahrhunderte, von der Bronzezeit (1800 v.Chr.) bis in das 2. vorchristliche Jahrhundert. Der Name leitet sich ab von ihren charakteristischen Denkmälern, den Nuraghen, befestigten Turmbauten. Ebenfalls kennzeichnend für die Nuraghenkultur waren Skulpturen, wie sie 1974 auf einem Feld bei Mont‘e Prama gefunden wurden. Deren große Zahl (25 stehende Figuren und 13 Nuraghen-Modelle), ihre Dimension (2 m Höhe und 300 kg Gewicht) und Qualität macht aus diesem Fund eine der bedeutendsten archäologischen Sammlungen, die im westlichen Mittelmeerraum ausgegraben wurden. Aus den 5178 entdeckten Fragmenten konnten 1202 wieder zusammengesetzt werden, als 5 Bogenschützen, 4 Krieger, 16 Boxer und 13 Modelle von Nuraghen. Dieses Projekt war multidisziplinär angelegt und sollte Denkmalpfleger, Museumsfachleute und örtliche Helfer auf lokaler, regionaler und internationaler Ebene zusammen bringen.
Hintergrund
Der EU Preis für das Kulturerbe / Europa Nostra Awards ist 2002 von der EU-Kommission in Partnerschaft mit Europa Nostra ins Leben gerufen worden. Der Preis zelebriert und fördert „best practice“ als beispielhafte Projekte im Bereich Kulturerbe, Denkmalpflege, Management, Forschung, Erziehung und Kommunikation. Er soll das kulturelle Erbe näher an Europäische Bürger bringen und eine größere Wertschätzung des Kulturellen Erbes als strategische Ressource für Europas Gesellschaft und Wirtschaft beisteuern. In den letzten 13 Jahren sind 415 außerordentliche Leistungen gekürt worden. Jedes Jahr bewerben sich Organisationen und Einzelpersonen von überall in Europa um eine Auszeichnung. Fach-Jurys aus unabhängigen Experten bewerten die Nominierungen und wählen bis zu 30 Gewinner in vier Kategorien aus: 1) Denkmalschutz, 2) Forschung und Digitalisierung, 3) Ehrenamtliches Engagement und 4) Bildung, Ausbildung und Bewusstseinsbildung. Alle Gewinner bekommen eine Plakette oder eine Statuette. Sieben Grand Prix Gewinner bekommen jeweils 10.000 Euro. Die Auszeichnungen werden den Gewinnern feierlich in einer öffentlichen Veranstaltung verliehen, jedes Jahr in einer anderen europäischen Stadt. 2015 wird die Preisverleihung in Oslo stattfinden, als Teil eines Europa Nostra Kulturerbe Kongresses vom 10-14. Juni 2015. Der Kongress wird vom Kreativen Europa Programm der Europäischen Union, Riksantikvaren- dem Direktorat für Kulturerbe, dem Norwegischen Kunstrat und der Stadt Oslo, neben vielen anderen öffentlichen und privaten Einrichtungen in Norwegen, unterstützt.
Der Preis war vom EU Kulturprogramm (2007-2013) gefördert und wird jetzt vom neuen Programm Kreatives Europa (2014-2020) übernommen. Europa Nostra ist die Föderation von europäischen Nicht-Regierungs - Organisationen im Bereich Kulturerbe. Einrichtungen aus 40 Ländern Europas sind beteiligt und bilden ein Sprachrohr für die Zivilgesellschaft, die Europas kulturelles und natürliches Erbe schützen und fördern. Europa Nostra kämpft um Europas gefährdete Denkmäler, Stätten und Landschaften, insbesondere durch sein ‘Die 7 am meisten Gefährdeten’ Programm, durchgeführt in Kooperation mit dem Europäischen Investment Bank Institut. Sie feiert Herausragendes durch die Verleihung des EU Preises für das Kulturerbe / Europa Nostra Awards. Sie leistet einen Beitrag zu europäischen Strategien und Politik in Sachen Kulturerbe. Gegründet 1963, wird Europa Nostra heute allgemein anerkannt als das einflussreichste Netzwerk für das Kulturerbe in Europa. 2014 bekam sie einen Zuschuss aus dem EU Kreatives Europa Programm, um das Netzwerk ‘Mainstreaming Heritage’ in Europa zu unterstützen.
Weitere Informationen:
http://www.europanostra.org/news/598/?utm_medium=email&utm_campaign=Winn...