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They Walked in Line – Um|Neu|Formierungen extrem Rechter in Mode und Popkultur

19. Juni 2019, Akademie der Bildenden Künste Wien

Registration deadline: Jun 17, 2019

 

 

Mit dem 2016 von der Identitären Bewegung Österreich gegründeten T-Shirt Label Phalanx Europa wird im Internet eine neue Generation extrem rechter Kleidercodes gehandelt. Statement-Shirts, die auf den ersten Blick alternativer Kleidung ähneln, transportieren mit popkulturell gestalteten Schriftzügen und Emblemen den rechts-identitären Aufruf zur „Re-Migration“ und Botschaften wie „Ehre, Freiheit, Vaterland“ oder “Wenn dich das stört, helf ich beim packen”. Der fest im kulturellen Gedächtnis verankerte rechtsextreme Dresscode aus Glatze - Bomberjacke – Springerstiefel, der über mehrere Dekaden für das prototypische Erscheinungsbild von Neonazis galt, wird damit abgelöst. Anstelle dieser Uniformierung, die gleichermaßen als Personifizierung für brutale Übergriffe und rassistische Anschläge galt, ist nun ein modisches Erscheinungsbild getreten, das versucht rechte Gewalt durch die ästhetische Aneignung popkultureller und links-autonomer Styles zu normalisieren.

 

Was hat zur Veränderung beigetragen und wohin lässt sich eine semiotische Fährtensuche innerhalb von Mode, Popkultur im Kontext mit der Entwicklung von rechten Gruppierungen ausmachen? Diese Spur führt zurück in die 1990er Jahre als Kleidermarken u.a. von Neo-Nazi-Funktionären gegründet wurden um rechtsextreme Botschaften in Deutschland und Österreich zu verbreiten. Die Sprache der Mode ist dabei Teil einer umfassenden parlamentarischen und außerparlamentarischen Modernisierungsbewegung der extremen Rechten in Europa und den USA. Aktuell zielen diese darauf ab, kein leicht erkennbares Aussehen zu haben um als Mainstream wahrgenommen werden. Dass es so einfacher sei zu wachsen und junge Anhänger_innen zu rekrutieren, konstatierte die US-amerikanische Soziologin Cynthia Miller-Idriss in ihrer Untersuchung The Extreme gone Mainstream (Princeton UP 2018), wo sie die Kommerzialisierung und Funktion rechter Kleidermarken an Schulen und in Jugend- und Popkulturen erforscht hat.  Popkultur galt lange als Ort für Subversion der Raum für emanzipatorischem Potential bietet. Mittlerweile scheint dieser diskursive Raum von rechten Bewegungen mittels vornehmlich linker Kommunikationsguerilla-Strategien angeeignet zu werden. Im Rahmen des Symposiums muss daher den Fragen nachgegangen werden: Was tun, wenn die etablierten Zeichen und Bildsprachen innerhalb rechter Gesinnungsgruppen nicht mehr so eindeutig zu erkennen und zu trennen sind? Wie können individuelle Codes, Kleidungs- und Styling-Praxen differenziert werden von den vestimentären Praxen links-autonomer Subkulturen? Wie schafft es eine  Nazi-Modelabel wie Thor Steinar von ursprünglich rechtsextremistischer Kleidung scheinbar zum Lifestyleaccessoire zu avancieren? Welche Rolle spielt faschistiode Ästhetik und deren ironisch-affirmative Aneignung innerhalb von Popkultur, Mode und Musik? Wenn große Teile der westlichen Polit- und Diskurswelt nach rechts abdriftet, wie ist es dabei um feministische Errungenschaften und Geschlechterbilder bestimmt?

 

Das eintägige Symposium geht aktuellen Entwicklungen und Diskursen an der Schnittstelle von Modepraxen, sog. Neuen Rechten und Popkultur nach und möchte mit Vorträgen, Workshops und einer Podiumsdiskussion tagesaktuelle Entwicklungen im Feld aufzeigen und diskutieren.

 

 

 

Programm:

They walked in Line – Um|Neu|Formierungen extrem Rechter in Mode und Popkultur

 

09:30 – 10:00 Kaffee und Registrierung

10:00 – 10:30 Begrüßung Elisabeth Sattler Einführung Elke Gaugele, Sarah Held

 

10:30 – 11:00 Vortrag: Michael Bonvalot

Selbstinszenierung, Bildsprache und Medienstrategie der neofaschistischen Gruppe "Identitäre" und der selbsternannten "Neuen Rechten"

               

11:00 – 11:45 Vortrag: Emil Peters, Ulrich Meyer Zur Notwendigkeit einer kritischen Auseinandersetzung mit Thor Steinar

 

11:45 – 13:00 Keynote: Cynthia Miller-Idriss Selling Extremism: Fashion, Fascism and Embodiment

 

13:00 – 14:00 Mittagspause

 

13:00 – 14:00 Uwe Traxler

Feldbericht: Nazi-Reenactment als historisches Kriegsspiel

 

13:00 – 16:00 Workshops

 

Jerome Trebing

"Return Your Revolt Into Style"? -

Modische Inszenierungen der extremen Rechten im Spannungsfeld medialer Inszenierungen und subkultureller Vergemeinschaftung.

                       

Emil Peters, Ulrich Meyer

Investigate Thor Steinar

 

Valerie Lange, Jana Patz

„Ich könnt auch eine Nazi-Braut sein.“

—  der rechte Look im Alltag, im Selbstversuch

 

Sarah Held

(Anti)Feminismus, Sexismus, Rassismus

als toxische Allianz in rechten Ressentiments

 

Carina Klammer

Return of the Retro-Avantgarde

Faschistische Ästhetik im Spiegel der

“Neuen Rechten”

 

16:00 – 16:30 Kaffeepause

 

16:30 – 18:00 Podiumsdiskussion

Moderation: Elke Gaugele, Sarah Held

Jerome Trebing

Carina Klammer

Michael Bonvalot

Emil Peters

 

18:00 – 18:30 Abendpause

 

18:30 – 21:00 Screening:

Deutsche Pop Zustände

Dokumentation, Deutschland 2015.

Regie: Dietmar Post, Lucía Palacios

 

 

Weitere Informationen:

https://www.akbild.ac.at/Portal/institute/kunstlerisches-lehramt/konfere...